Krieg – Angst – Praxis: Auschwitz ist so präsent
Dienstag, 14. Mrz 2017 14:25 von Kathleen
Wie viel Angst, Lähmung, Rückzug, Geschichten, Ausweichmanöver, Fluchtimpulse der Hinweis auf Auschwitz noch immer auslöst. Gut, dass es noch nicht überall Gewohnheit ist; gut, dass es Menschen noch erreicht, nicht in der Unmenge von Reizen, die ja täglich auf uns einströmen, untergeht. Gut, dass es noch Momente auslöst, in denen nicht alles wie gewohnt geht.
Das Kontemplieren der Frage „Was, wenn DIE ANDEREN unerträglich werden?“, verbunden mit einer Lesung aus AschePerlen und dem Erzählen von der ZenPeacemaker–Praxis in Auschwitz-Birkenau am 5.3. im Bonner Paramita hat es ein weiteres Mal gezeigt: Das Thema, der Ort, all die unmittelbar auftauchenden Bilder und Gefühle dazu treffen weiterhin ins Herz, und nur wenige mögen sich dem freiwillig – an einem schönen vorfrühlinghaften Sonntagabend – aussetzen. Was dann dort im Kreis geteilt wird, ist es wie immer wert: Die Geschichten von Müttern und Vätern, vom eigenen Beschädigtsein und vom Damit-Umgehen; das Nicht-Wissen, die Entwaffnetheit angesichts der kollektiven Geschichte und dessen, was in der Welt derzeit (wieder) geschieht. Im Zuhören und wahrhaft Sprechen entsteht Verbundenheit; indem wir dem Gewicht des Lebens nicht ausweichen, wird es – gemeinsam, geteilt – tragbar.
Ein Gast stellt mit leisem Staunen fest, als er die Plastiksuppenschale in der Hand wiegt, die ich als Redestück ins Kreisgespräch gegeben habe (die Schale, aus der wir während der Auschwitz-Retreats außerhalb des Stacheldrahtzauns der Lager mittags etwas Suppe löffeln): „Ich wollte sie erst gar nicht nehmen; es klingt alles so schwer. Aber jetzt, wo ich mich überwunden habe, sie in die Hand zu nehmen, merke ich: Sie ist eigentlich leicht.“